Ein Autohaus? Der Ort dieses Monatstreffens war ungewöhnlich. Skål International Berlin traf sich am 7. August im NIO House - in den Räumen des chinesischen E-Auto-Herstellers NIO am Kurfürstendamm.
Von der Automarke NIO hatte, ehrlich gesagt, kaum eines der 13 Mitglieder je gehört, die in die hellen Räume gegenüber der Gedächtniskirche gekommen waren. Und ein Auto kaufen wollte auch niemand. Dennoch lohnte sich der Besuch sehr. Zum einen, weil dieser E-Auto-Hersteller seinen ganz eigenen Weg in der Akku-Technik geht, den der Regional Manager Deniz Schneller in seinem Vortrag anschaulich vorstellte. Zum anderen, weil neue Konzepte der Mobilität immer auch für die Tourismuswirtschaft wichtig werden können und weil das NIO House Berlin bereits mit einem großen touristischen Leistungsträger in der Hauptstadt kooperiert.
Zuerst zur Technik: NIO, das erst seit zehn Jahren besteht und sich in Deutschland seit gerade einmal zwei Jahren als Premium-Hersteller positionieren will, packt die Akkus in einen Block, der komplett ausgetauscht werden kann. Andere Anbieter verbauen die Akkus im Fahrzeug, wo sie kaum zu vertretbaren Kosten ausgewechselt werden können. NIO errichtet entlang den Autobahnen kleine "Power Swap Stations", die wie Einzelgaragen aussehen. Das Auto fährt sich selbst hinein, der leergefahrene Batterieblock verschwindet ohne menschliches Zutun nach unten und ein voll geladener Block klinkt sich im Boden des Fahrzeugs ein. Das Ganze dauert nur fünf Minuten. In China gibt es schon um die 2000 dieser Stationen, in Deutschland erst 15. Aber wenn keine in der Nähe ist, macht das auch nichts. Die Autos lassen sich wie konventionelle E-Autos auch an an Ladestationen aufladen.
Lässt die Batterieleistung, wie es bei E-Autos mit den bisher verfügbaren Lithium-Ionenbatterien kaum vermeidbar ist, nach einigen Jahren nach, kauft man einen neuen Akkublock. Oder man mietet die Kraftquelle von vornherein. So bleiben die Akkus immer auf dem technisch neuesten Stand. Das einmal gekaufte Auto wächst so in der Entwicklung der Akku-Technolgie mit. Zusätzlich gibt es regelmäßig Software-Updates. In seinen entscheidenden Komponenten bleibt das E-Auto damit lange jung. Die Hardware ist bereits für autonomes Fahren ausgelegt, nur dass dieses in Europa noch nicht erlaubt ist. Aber wenn es mal soweit ist, darf das vorhandene Auto dafür schon einige Jahre alt sein.
Dass E-Mobilität auch den Tourismus voranbringen kann, im Falle NIO noch mit der Zusatzoption des schnellen Batterientauschs auf der Strecke, versteht sich von selbst. Zusätzlich engagiert sich das Unternehmen mit touristischen Kooperationen mit Marken, die ebenfalls dem Premium-Bereich zugehören. So nutzt das Waldorf Astoria, gleich um die Ecke gelegen, NIO-Fahrzeuge für Gäste-Fahrdienste und zeigt damit seine Offenheit für Innovationen.
NIO macht, wie der Club staunend erfuhr, in Deutschland kaum Werbung und nutzt auch keine Social Media fürs Marketing. Vielmehr setzt das Unternehmen auf direkten Kontakt. Das NIO House bietet kostenlos Räume für Sportgruppen und andere Aktivitäten von Bürgern, stellt digital Arbeitenden stundenweise Workspaces zur Verfügung, vermietet für kleines Geld Besprechungszimmer und ein ganzes Podcast-Studio, richtet sogar ganze Veranstaltungen aus. Von all dem muss nichts mit Autos zu tun haben. Entstehen soll so eine NIO-Community des kreativen Ideenaustausches. Man kann auch einfach vorbeikommen, eine Weile in die Lounge sitzen und sich einen Kaffee kaufen, durchaus auch für ein kleines Business-Meeting. Und wem dann auch noch die Autos ins Auge fallen - was kaum zu vermeiden ist - erzählt es dann weiter. Ziemlich clever und ziemlich einladend!
Und so wurde der Besuch selbst für Automuffel zu einem Augenöffner: darüber, wie man Marketing auch mal ganz anders machen kann.